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Verband der Restauratoren im Doberaner Münster


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Fachexkursion "Farbe im Raum" des Verbandes der Restauratoren zu aktuellen Restaurierungsprojekten in Güstrow, Bad Doberan und Semlow in Mecklenburg-Vorpommern.


Vom Donnerstag den 26.05.2022 bis zum Sonntag den 29.05.2022 konnten sich die über 20 Teilnehmer und insgesamt 17 Referenten an und vor allem in 15 Objekten im Norden an fachkundigen Erläuterungen erfreuen. Der Schwerpunkt lag in der Vorstellung von umfangreichen Restaurierungsvorhaben an Ausstattungen aus den letzten Jahren. Hier stand die Farbfassung in all ihren Varianten auf verschiedenen Trägern (Stein, Holz und Putz) im Vordergrund. Die Exkursion wurde eröffnet und begleitet vom Präsidenten des VDR, Sven Taubert.

Tag 1 und 2 in Güstrow

Das Programm begann mit einer Besichtigung des frühbarocken Schlossgartens in Güstrow als Rekonstruktion der historischen Anlage und Ausführungen zum bedeutendsten, aber nie fertig gestellten Renaissanceschlossbau in Norddeutschland durch den Kunsthistoriker Dr. Dieter Pocher. Diesem folgte eine kurzfristig ermöglichte Begehung der Dachstühle des Baus (derzeit Großbaustelle) durch den Bauforscher Dr. Tilo Schöfbeck und Dipl. Rest. Matthias Zahn. Beim anschließenden Spaziergang durch die Altstadt gab Dipl. Rest. Ulrike Hahn Erläuterungen zur Farbuntersuchung an einem zentralen Renaissancegebäude und zur Restaurierung der polychrom bemalten Balkendecke im „Gotischen Haus“, Derzscher Hof. Die ebenfalls polychrom bemalte Renaissancedecke im Kemladen des gegenüberliegenden Gebäudes konnte von Dr. Carsten Neumann erläutert werden, der uns auch den Zugang ermöglichen konnte. Zum Abschluss des Rundgangs erläuterte Dipl. Rest. Jan Hamann die Wiederherstellung des gewaltsam geschädigten Borwinbrunnens auf dem Pferdemarkt.

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Der zweite Exkursionstag begann mit einer Andacht und der Besichtigung des Innenraumes der Pfarrkirche. Hier stand die umfangreiche Restaurierung des bedeutenden Bormann-Altars mit Erläuterungen von Dipl. Rest. Thomas Max Merkel im Vordergrund. Im Anschluss folgte die Besichtigung des jüngst restaurierten Festsaales von 1788 in der Beletage eines unweit gelegenen barocken Gebäudes mit illusionistischer Architekturgliederung im römisch-antikisierenden Stil und ein Exkurs zur Residenzgeschichte im Stadtmuseum durch den Kunsthistoriker Dr. Neumann.

Der Nachmittag behandelte die Ausstattung des Domes (Abb. 1) mit den einzigartigen steinernen Wandbildwerken aus der Parr- und Florisschule und dem spätgotischen Flügelaltar. Nach einer umfassenden kunsthistorischen Erläuterung folgte ein Vortrag zu den verwendeten Natursteinen und ihrer Herkunft durch die Geologen Dr. Arnold Fuchs, Güstrow und Michael - Christian Krempler. Im Anschluss behandelten die ausführenden Restauratoren (Frohberg, Seipt und Hamann) eingehend die Restaurierung des Borwinmonumentes des Dorotheenepitaphes, des Ulrichmonumentes und der Kanzel. Dennoch blieb genügend Zeit für eine Diskussion vor den Originalen im Domchor.

Tag 3 im Doberaner Münster

Der dritte Exkursionstag widmete sich der Münsterkirche in Bad Doberan. Diese birgt eine unvergleichbare polychrome mittelalterliche Ausstattung aus der Zisterzienserzeit. Hier wurden der Kelchschrank, der Flügelaltar, das Triumphkreuz und die rekonstruierte Innenraumfassung durch Kustos Martin Heider und die Kunsthistorikerin Dr. Kaja von Cossart erläutert.

In die Besichtigung eingeschlossen war auch das Fürstenepitaph, ein Werk der flämischen Florisschule, sowie die Galerie der hochwertigen Grabplatten aus der Klosterzeit. Neben Erläuterungen zur Baugestalt konnten die Teilnehmer auch das Beinhaus mit seinen Malereien von Carl Christian Andreae aus der Düsseldorfer Malerschule über mittelalterlichen Resten erleben. Die Restaurierung und Klimatisierung des Gebäudes stand hier im Fokus der Erläuterungen.

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Am Nachmittag referierte Dr. Ralf Lehr über die Geologie und Herkunft der Säulen und Kapitelle (Spolien) im Oktogon, Dr. Gerhard Schmager über das Projekt "Auswirkungen des Klimawandels auf Ausstattung und Bauwerk" und Martin Heider zur Auswertung der Archivalien im Bezug zur Bauerhaltung vom 16.-18. Jahrhundert. Diese akribische Aktenforschung stellt einen außerordentlich wichtigen Beitrag zur Erforschung der Baugeschichte des Zisterzienserklosters und seiner Münsterkirche dar.

Tag 4 in Semlow

Am letzten Tag der Fachexkursion stand die Dorfkirche in Semlow im Mittelpunkt. Dipl. Rest. Elke Kuhnert erklärte wortgewaltig die Baubefunde und die umfangreiche figürliche Innenraumfassung im Schiff von Carl Julius Milde aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts (Abb. 3) - ebenfalls ein Maler der Nazarenerschule - und deren Konservierung und Restaurierung. Anschließend konnten die beiden unlängst (durch den Organisator der Exkursion) restaurierten Wandepitaphe der Familie von Behr aus Gotländer Sandstein näher betrachtet werden. Diese sind zu Beginn des 16. Jahrhunderts, von Künstlern, die zuvor im Güstrower Dom tätig waren, geschaffen worden.

Zum Abschluss fand ein Spaziergang durch den englischen Landschaftspark, für den Gustav Meyer, ein Schüler und Mitarbeiter Lennés sowie erster Gartendirektor Berlins, die Entwürfe geschaffen hatte, statt. Dr. Michael Lissok erläuterte in seiner fesselnden Redekunst die Geschichte und die Zusammenhänge von Park, Herrenhaus (Architekt: F. W. Buttel) und den erhaltenen Gutsbauten.

Nach vier informativen und äußerst spannenden Tagen konnten die Teilnehmer voller neuer Eindrücke und Einblicke die Heimreise aus dem Norden antreten.


Boris Frohberg, Dipl. Restaurator (Berlin), Hauptorganisator der Tagung.

 

 

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