Honigbienen im Münster Doberan und in weiteren historischen Gemäuern (1.Teil)


Von Dipl. Biologin Ina Sakowski

Auslöser für das intensive Beschäftigen mit dem Thema Honigbienen „in alten Gemäuern“ waren Hinweise und Beobachtungen von Honigbienen am Münster Doberan durch Einzelpersonen aus dem Jahr 2019. Bald folgten weitere Informationen und eigene Beobachtungen von der Kirche Eickelberg und dem Pfarrhaus Bernitt (Amt Bützow-Land), dem Gutshaus Anna Luisenhof (Amt Satow), der Kirche Gnoien und dem Schloss Güstrow.

In allen Fällen handelt es sich um z.T. bereits im 13. bzw. 14. Jahrhundert errichtete Backsteinbauten, die Kirchen mit den für diese Bauweise typischen Rüstlöchern ausgestattet. Nicht nur heute, sondern sicherlich auch schon Jahrhunderte vorher, übten diese Rüstlöcher, aber auch andere größere Spalten im Mauerwerk, eine große Anziehung auf Honigbienenschwärme aus.

Im Folgenden wird zunächst anhand einiger Beispiele auf die Bedeutung der Bienenhaltung in Deutschland allgemein und in Klöstern sowie auf die Symbolik der Bienen im Christentum eingegangen (es sind immer von Menschen gehaltene Honigbienen gemeint).

Danach werden die eigenen Beobachtungen der Bienen am Münster Doberan aus den vergangenen fünf Jahren vorgestellt und erläutert. Auch wird ein Bezug zu den Beobachtungen in der ca. 700 Jahre alten Kirche von Eickelberg sowie den anderen o.g. Gebäuden hergestellt.

 

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Lange Tradition der Bienenhaltung im Land

Die Bienenhaltung hat im Land eine lange Tradition, ja die Ur-Honigbiene stammt sogar aus Deutschland. Das beweist ein vor wenigen Jahren aus dem Randecker Maar in der Schwäbischen Alb gefundenes, ca. 18 Mio. Jahre altes Fossil (Abb. 1).

Jahrhunderte lang wurden die wilden Honigbienen-Völker in ihrem natürlichen Lebensraum, den größeren Höhlen von Bäumen, aufgespürt, um Honig und Wachs zu ernten. Die Zunft der Zeidler, die sich seit dem frühen Mittelalter in Deutschland entwickelte, hatte ein hohes Ansehen und die „Bienenbäume“ wurden vom Vater auf den Sohn vererbt. Mit der Todesstrafe wurde das Abernten fremder Zeidlerbäume geahndet. Schon Karl der Große (742-814) und später Karl IV (1316-78) waren starke Förderer der Bienenhaltung. Sie setzten sich neben der Waldimkerei auch für die dörfliche Bie-nenhaltung in sogenannten Klotzbeuten ein (= hohle Baumstämme von ca. 1 m Höhe mit Dach).

Wahre Hochburgen der Bienenhaltung und -zucht waren im Mittelalter allerdings die Klöster (inkl. Zucht der Futterpflanzen). Sie führten neben den typischen Körben auch hölzerne Kisten als Behausungen für die Bienen ein. Und mit großer Wahrscheinlichkeit boten die ab dem 13. Jahrhundert zahlreich errichteten Klosterbauten im Land auch schon immer Bienen-Schwärmen aus dem Frühjahr für einige Monate ein sicheres Zuhause.

Nicht nur in den Klöstern, sondern allgemein war Honig jahrhundertelang das wichtigste Süßungsmit-tel, bis Ende des 18 Jahrhunderts die Zuckerrübe vermehrt angebaut und zum Süßen verwendet wurde.

Als Fastenspeise sind z.B. gequollene Hanfkörner mit Rosinen und Honig überliefert (www.mlul.bran-denburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/Bluetezeit_in_der_Mark_Bienen).

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Die Bienenhaltung bei den Zisterziensern und ein weiterer christlicher Bienenpatron

Die Bienenhaltung bei den Zisterziensern ist – trotz weniger schriftlicher Überlieferungen – bekannt. Ihr geistlicher Vater, Abt Bernhard von Clairvaux (um 1090 bis 1153) wird seit dem 16. Jahrhundert oft mit einem Bienenkorb, neben Stab, Bibel, Mitra und Passionsinstrumenten dar-gestellt. (Abb. 2), wobei heute nicht mehr zwischen religiöser Symbolik (ihm sprudeln die Worte aus dem Mund, wie fleißige Bienen bzw. seine Reden und Lobpreisungen auf Christus „fließen wie Honig“) und dem Hinweis auf eine gezielte Haltung von Bienen unterschieden werden kann. Der Hei-lige Bernhard ist bis heute ein Patron der Bienen und Imker; sein Gedenktag ist der 20. August.

Auch die Zisterziensermönche in Doberan haben höchstwahrscheinlich Bienen in Stöcken für die Wachs- und Honiggewinnung gehalten. Darauf deuten nachreformatorische Informationen hin, die nur ca. 50 Jahre nach Übernahme des Klosters in das großherzogliche Domanialamt Doberan erhoben wurden (Martin Heider, schriftliche Mitteilung 2024, Recherchen im Landeshauptarchiv Schwerin und seine Transkription). So ist in den Akten für das Jahr 1600 der Müller der Doberaner Neuen Mühle, die nur wenige hundert Meter östlich vom Klosterareal lag, mit 12 Bienenstöcken gelistet. Eine Akte des Jahres 1611 führt 4 Bienenstöcke in Doberan, 11 in Althof, 8 in Rabenhorst und 3 in Hütten auf. 1630 werden bis zu 36 Bienenstöcke für Althof gelistet und in einer Akte aus dem Jahr 1644 werden für den Hof Rabenhorst „Einnahmen aus Honig und Wachs (z.T. an Rostock verkauft)“ mit max. 12 Bienenstöcken aufgeführt. Recht detailgetreu sind auch „abgestoßene, verkaufte und Junge bekommene Immen bzw. Stöcke“ beschrieben.

Neben dem o.g. Heiligen Bernhard gibt es einen weiteren christlichen Bienen- bzw. Imkerpatron, den Heiligen Ambrosius (339 bis 397, Abb. 3). Der Legende nach sollen ihm als Säugling Bienen süßen Honig in den Mund geträufelt haben. Er war bis zu seinem Tod als Bischof in Mailand tätig. Besonders in katholisch geprägten Ländern wird der Ambrosius-Tag am 7. Dezember mit Gottesdiensten und Segnungen gefeiert. Imker bringen ihre Honigprodukte in die Kirche, um sie weihen zu lassen.

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Katholische Bienensegen in Latein und Deutsch

Katholische Bienensegen in Latein und Deutsch aus dem 9. bis 12. Jahrhundert beschwören die abfliegenden Schwärme.

Eine der ältesten gereimten Dichtungen in deutscher Sprache ist „Der Lorscher Bienensegen“ aus dem gleichnamigen Benediktiner-Kloster Lorsch (764 gegr.). Der 12-zeilige Spruch wurde im 10. Jahrhundert in althochdeutscher Sprache kopfüber an den Rand einer Seite der apokryphen Visio St. Pauli aus dem frühen 9. Jahrhundert geschrieben.

Bienensegen gibt es auch heute noch. So wurde z.B. 2021der Her-rentags-Gottesdienst in der Kirche Eickelberg den (jedes Jahr in die Kirche einziehenden) Bienen gewidmet (Abb. 4).

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Der Bienenkorb als Sinnbild der Kirche und der klösterlichen Gemeinschaft

Der Bienenkorb selbst gilt als Sinnbild der Kirche und der klösterlichen Gemeinschaft. Auch die Bienen selber werden immer wieder in/von christlichen Gemeinschaften dargestellt und fanden sogar Eingang in deren Schrifttum (Abb. 5).

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Ein eindrucksvolles Beispiel zisterziensischer Bienen-Ikonologie ist Joseph Meglingers Betrachtungsbuch "Cistercienser Jahr", das der Wettinger Mönch 1700 in den Druck gab. Die Graphik des Schaffhausener Stechers Johann Georg Seiller zeigt Bernhard von Clairvaux vor einem im Freien stehenden Altar mit einem Kruzifix und einem kleinen Bienenkorb in seiner rechten Hand. Deutlich erkennbar fliegen die Ar-beiterinnen aus dem Flugloch zum blumengeschmückten Altar (Abb. 6).

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Auch das Wappen der Adelsfamilie Barberini, aus der Papst Urban VIII. (1568-1644) stammt, zieren drei goldene Bienen auf blauem Grund. In seiner Amtszeit als Papst (1623 bis 1644) ließ er viele prachtvolle Bauten in Rom errichten, wovon heute noch die allgegenwärtigen Bienen-Wappen Zeugnis geben. Die Bienen in dem Schild stehen für Fleiß, Sparsamkeit, Süße und für Wehrhaftigkeit (Abb. 7).

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Suche nach der idealen Gemeinschaft der Menschen führte zu den Bienen

Der belgische Dominikaner, Augustiner-Chorherr, Theologe, Naturforscher und Enzyklopädist Thomas von Cantimpré (1201-1270) stieß auf der Suche nach der idealen Gemeinschaft der Menschen auf die Bienen.

In seinem lateinischen „Bienenbuch“ (Bonum universale de apibus) beschrieb er am Beispiel der Immen die Hierarchien, Vorzüge und Abgründe des sozialen Miteinanders. Angerei-chert mit unterhaltsamen Anekdoten aus dem mittelalterlichen Lebensalltag sollte sein Handbuch die Arbeit der Dominikaner als Prediger und Lehrmeister unterstützen. Die Grundidee war „Von Bienen lernen“. Das Buch wurde im Laufe der Jahrhun-derte über einhundert Mal handschriftlich kopiert.

2020 erschien erstmals das „Bienenbuch“ in zwei Bänden, in einer kritisch kommentierten Edition mit deutscher Übersetzung sowie einer Analyse von Werk und Überlieferungsgeschichte

(Burkhardt, Julia et al., Verlag Schnell & Steiner, Abb. 8).

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Auch heute noch werden Bienen in Klöstern gehalten. Das unter Imkern in Europa wohl bekannteste Beispiel ist die Benediktiner-Abtei Buckfast in England. Hier verschrieb sich Bruder Adam (1898-1996), der als 12jähriger deutscher Junge in die Abtei kam, der Bienenhaltung und züchtete dort die noch heute europaweit gehaltene „Buckfast-Biene“ (Abb. 9).


 

Bildnachweise: Abb. 1: Kotthoff U, Wappler T, Engel MS. Miozäne Honigbie-nen aus dem Randeck Maar im Südwesten Deutschlands (Hymenoptera, Api-dae). Zookeys. 2011. / Abb. 2: https://www.augenblickmalon-line.de/am/bernhard-bonn-und-bienen-.php, Katholische Kirchgemeinde St. Thomas-Morus, St. Bernhard Bonn. / Abb. 3: St. Peter am Wimberg (Oberös-terreich), Kanzel (1904), Foto: Wolfgang Sauber, https://commons.wikime-dia.org/ / Abb. 4: Titelblatt des Lied-Flyers der Kirchgemeinde Eickelberg, Ev.-Luth. Kirchengemeinde Bützow, Pastor Dr. Michael Fiedler. / Abb. 5: Bienen-körbe des 14. Jahrhunderts, https://de.wikipedia.org/wiki/Ge-schichte_der_Imkerei, gemeinfrei. / Abb. 6: Autor: Joseph Meglinger, Er-schienen: 1700-, Verlag: Straub, Costantz; https://imker-berchtesga-den.de/bienen-und-die-kirche/ / Abb. 7: Wappen von Papst Urban VIII, Autor: Echando una mano.
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:C_o_a_Urbanus_VIII.svg, / Abb. 8: J. Burkhardt, G. Melville, B. Schneidmüller (Hrsg.): „Von Bienen lernen.“ Verlag Schnell & Steiner. / Abb. 9: Aus: DEUTSCHES BIENEN-JOURNAL 9/2019, Text/ Foto: Erik Österlund.

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