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Tierdarstellungen in der Adolf-Friedrich-Loggia (Teil 4 von4)


Von Dipl.-Biologin Ina Sakowski – In den Teilen 2-4 dieser Folge wird versucht, die Tierabbildungen naturwissenschaftlich ein- bzw. zuzuordnen.

Diese Folge thematisiert die Jagdbogen 4 bis 6.

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Abb.1

Der 4. Arkadenbogen, direkt hinter der Herzogin, trägt mittig zwei traubenfressende Vögel sowie acht Blütensymbole. Die linke Bogenbasis zeigt zwei große Blüten-Aufsichten sowie eine aufgeklappte (Herz-) Muschel und eine stilisierte (Jakobs-?) Muschelschale von oben (Abb. 1). Aufgrund der kleinen Größe könnte es durchaus eine an der Ostsee vorkommende Herzmuschelart sein.

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Abb.2

Die rechte Bogenbasis bildet drei große Blüten und ein (Wild-) Kaninchen ab, gut zu erkennen an den kurzen Ohren (Abb. 2). Kaninchen wurden auch zum Ausgang des Mittelalters üblicherweise mit kleinen, kurzbeinigen Hunden (den Vorfahren der heutigen Teckel) und Fangkörben vor den Ausgängen ihrer weit verzweigten Baue gejagt. Erst ab dem 13. Jahrhundert breitete sich diese Spezies von der Iberischen Halbinsel nach Mitteleuropa aus; heutzutage sind die Bestände deutschlandweit stark abnehmend und bedroht.

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Abb. 3

Der Bogen Nr. 5 sowie seine zwei Basen zeigen ausschließlich stilisierte Blüten und Pflanzen.

Der sechste, ganz rechte Bogen zeigt fantasievolle symbolträchtige Reliefs von Blüten, Pflanzen und Früchten sowie in der oberen Reihe, von links beginnend, fünf Fabelwesen- bzw. Tierreliefs. Vom Künstler herausgearbeitet wurden ein (Feld-) Hase, ein Einhorn, ein kräftig gebauter Windhund sowie je ein - aus einer Blüte mit halbem Körper schauender - (Rot-) Hirsch und Jagdhund (Abb. 3 und 4).

 

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Abb. 4

Die linke Bogenbasis zeigt in den vier Feldern zwei Blütenpflanzensymbole, einen traubenfressenden Vogel und einen Bären mit durch die Hinterbeine gezogenem (Teufels)Schwanz (Abb. 5). Hier findet sich also der auf dem „Jagdbogen“ fehlende, im Mittelalter häufig bejagte und als gefährlich angesehene Braunbär. Er symbolisiert in der Grablege vermutlich das Unheimliche und Böse, den Teufel. Durch die gezielte Jagd wurde diese imposante Tierart Anfang des 19. Jahrhunderts auch in Deutschland ausgerottet. Die letzte Beobachtung in Pommern gab es 1837/38 (Grimmberger, E. et.al. (2020): Atlas der Säugetiere Vorpommerns). Aktuell leben in Europa, überwiegend in den Karpaten und Russland, noch ca. 17.000 geschützte Braunbären.

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Abb. 5

Die rechte Bogenbasis zeigt vier Meeresmuscheln (Abb. 6) mit je einer geöffneten Schale (drei Außen- und eine Innenansicht). Taxonomisch ist die Art nicht zuordenbar. Möglicherweise sollten die, schon im Mittelalter gut bekannten, Jakobsmuscheln dargestellt werden. Allerdings fehlen auf den Reliefs die typischen seitlichen „Ohren“. Vielleicht hat der Künstler keine Originale als Vorlage gehabt oder andere Arten, die als Jakobsmuschel ausgegeben wurden. Als Jakobsmuschel oder Pilgermuschel werden zwei nahe verwandte, rezente Arten von Kammmuscheln bezeichnet, von denen erstere im Mittelmeer und zweitgenannte nur im Atlantik vorkommt.

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Abb.6

 

Allen Lesern und Besuchern des Münsters viel Freude beim näheren Betrachten der Loggia!


Dipl.-Biologin Ina Sakowski

Fotos: Ina Sakowski / Michael

 

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