Die Bilder von Notre-Dame gingen um die Welt


Paris Notre Dame Southeast View 01

 

Der Brand der Kirche Notre-Dame in Paris hat die Menschen weltweit bewegt. Die OSTSEE-ZEITUNG widmet sich der Katastrophe in mehreren großen Beiträgen. Darin berichtet sie in einem überregionalen Artikel am Mittwoch, dem 17. April 2019: Wenn in Mecklenburg-Vorpommern eine Kirche brennen würde, könnten die Feuerwehren wenig ausrichten.

Von Andreas Meyer
und Axel Büssem

Rostock/Wismar/Schwerin. Eckardt Meyer weiß, dass seine Worte wenig beruhigend klingen: „Auf so einen Brand wie in Paris, wenn eine große Kirche in Flammen steht – darauf kann man sich nicht vorbereiten.“ Und nein: Auf ein solches Szenario seien auch die Feuerwehren in MV nicht vorbereitet, sagt ausgerechnet Eckardt Meyer, der stellvertretende Vorsitzende des Landesfeuerwehrverbandes.

Die Ostseite nach dem Einsturz von Dachstuhl und Vierungsturm und der hölzerne Dachstuhl der Kathedrale Notre-Dame, Paris

Nach dem verheerenden Feuer in der Kathedrale Notre-Dame gerät nun aber auch in MV der Brandschutz in den Gotteshäusern verstärkt in den Fokus. Selbst die Nordkirche räumt ein: „Wir können nur beten, dass so etwas bei uns nicht passiert“, so Sprecher Christian Meyer. Zuletzt brannte 2013 eine Kirche in MV – in Lübsee (Landkreis Rostock).

Alte Bausubstanz, hohe Decken und Türme: Für die Feuerwehren sind Brände in Kirchen das denkbar schlimmste Brandszenario. „In den Dachstühlen ist häufig noch so viel Holz verbaut. Wenn das einmal brennt, haben wir kaum noch eine Chance“, sagt Landesfeuerwehr-Vize Meyer. „Das zündet dann durch, als würden Sie ein brennendes Streichholz in eine Streichholzschachtel werfen.“ Die Feuerwehren würden regelmäßig Einsätze in Gotteshäusern üben. „Wir können nur dafür Sorge tragen, dass wir im Notfall die kritischen Punkte kennen und dass wir wissen, wo wir ausreichend Wasser für die Löscharbeiten herbekommen.“

Eine Rauchmelder-Pflicht, wie sie für Wohnhäuser gelte, gibt es für Kirchen nicht. Auch Sprinkler- oder Löschanlagen sind die Ausnahme. Sprinkleranlagen oder Wassertanks in den historischen Kirchendächern zu installieren – das sei schlichtweg nicht möglich, sagt Kurt Reppenhagen, Leiter des Fachbereichs Bau im Kirchenkreis Mecklenburg. Auch Brandmelder würden nur „eine Scheinsicherheit“ bieten. Die Feuerwehren im Land machen sich dennoch für strengere Brandschutz-Regeln in Gotteshäusern stark: „Einsatzpläne und Grundriss-Karten für Kirchen müssen nicht bei den Wehren hinterlegt werden. Dazu gibt es keine Verpflichtungen. Aber das würde uns helfen“, so Vize-Verbandschef Eckardt Meyer. In Rostock ist das längst passiert: „Wir haben für alle Kirchen Notfall-Pläne“, sagt Johann Edelmann, Chef der Berufsfeuerwehr.

Das Bad Doberaner Münster – eine der bedeutendsten Kirchen des Landes und nach dem Vorbild Notre Dames erbaut – verfügt seit den 1980er Jahren über so genannte Steigleitungen bis in den Turm. „Über diese Leitungen kann Wasser nach oben gepumpt werden, die Wehren müssen dann nicht erst Schläuche legen“, sagt Kustos Martin Heider. Die Technik sei nach dem Brand des benachbarten Wirtschaftsgebäudes des ehemaligen Klosters installiert worden. Aus Sorge um die Klosterkirche. In den meisten Kirchen gibt es so etwas nicht. „Das ist auch eine Frage des Geldes“, so Kirchen-Sprecher Christian Meyer.

Was regelmäßig in den Kirchen im Land gewartet wird, das sind die elektrischen Anlagen. „Bei uns ist das erst ein paar Tage her“, berichtet Martin Poley, Küster in St. Nikolai zu Wismar. Das Gotteshaus ist eines der größten im Land, besitzt Deutschlands vierthöchstes Kirchenschiff. „Wir verfügen über Feuerlöscher, Steigleitungen und auch Löschanlagen. Wir sind gut aufgestellt“, sagt Poley. Die Bilder aus Paris – sie hätten ihn aber mitgenommen: „Das war ergreifend. Ich war am Boden zerstört.“

Für den Greifswalder Dom St. Nikolai gibt es einen Feuerschutzplan, der regelmäßig mit der Feuerwehr abgestimmt wird. „Die Feuerwehr macht auch regelmäßige Begehungen“, erklärt Stefan Scholz, Leiter der Bauabteilung im Pommerschen Kirchenkreis. Im Turm gebe es eine Steigleitung, die sich auch bis in das Mittelschiff und die Seitenschiffe erstreckt. Bei Bauarbeiten gelten strenge Sicherheitsvorschriften. „Geschweißt werden darf nur bis mittags, damit bis zum Nachmittag die Baustelle noch überwacht werden kann“, so Scholz. Der letzte Bauarbeiter schaltet vor Feierabend den Hauptstrom aus. (...)

Die Stralsunder Nikolaikirche ist von der Struktur ähnlich wie Notre-Dame aufgebaut, erklärt Gerd Meyerhoff, Baureferent der Nordkirche für die Region Stralsund/Demmin. Sie hat auch zwei Türme und einen Dachreiter über dem Kirchenschiff.“ Daher sei der Pariser Brand mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt worden. Und auch die großen Stralsunder Kirchen haben noch ihre historischen Holzdächer. In den nächsten Jahren sollen in St. Nikolai Brandabschnitte eingerichtet werden, die eine rasche Ausbreitung eines Feuers wie in Notre-Dame verhindern sollen. „Ich hoffe, dass diese Katastrophe den Anstoß dazu gibt, diese Pläne zu beschleunigen“, so Meyerhoff.

In der Marienkirche wurden nach einem Feuer 2005 Rauchmelder eingebaut. Damals hatte ein Gestühl nach einem Kurzschluss in einer Sitzheizung gebrannt. „Die Feuerwehr war damals sofort da und konnte löschen“, erinnert sich Meyerhoff. (...)

 

Quelle des Textes: OSTSEE-ZEITUNG
www.ostsee-zeitung.de/

Die Fotos wurden durch die Münsterverwaltung dem Text zugeordnet (keine OZ-Fotos).
Quelle der Fotos: Wikimedia Commons, the free media repository
Foto 1: Die Kathedrale von Südosten, 2015
Foto 2: (von Remi Mathis): Die Ostseite nach dem Einsturz von Dachstuhl und Vierungsturm
Foto 3: (von Bernard Hasquenoph): Hölzerner Dachstuhl der Kathedrale Notre-Dame, Paris

 
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